Kein Gütesiegel vorhanden
Anders als bei Baumwolle, Leinen und Schurwolle gibt es für Seide kein Gütesiegel, das etwas über die Qualität aussagt. Produkte, die mit dem stilisierten S des Textilkennzeichnungsgesetztes ausgezeichnet werden, das für reine Seide steht, sind nicht unbedingt qualitativ hochwertig.
Unterschiede in der Beschaffenheit von Seide lassen sich an der Herkunft, der Optik, an der Elastizität und an der Strapazierfähigkeit feststellen. Die Auswahl der Seide sollte der Funktion des Produktes angemessen sein.
Produkte aus Haspelseide
Seidenstoffe, bei denen sowohl die Kette als auch der Schuss aus Haspelseide bestehen, weisen eine besonders glatte und glänzende Oberfläche auf. Das hängt damit zusammen, dass die Garne aus Fasern gefertigt sind, die zum einen sehr lang sind, zum anderen sehr homogen aufgebaut sind. Durch Webung lassen sich darüber hinaus spezielle Effekte erzielen. Das ist beispielsweise bei Seidentaft der Fall, der durch unterschiedlich gefärbte Garne in Kette und Schuss einen changierenden Schimmer zeigt, der je nach Blickrichtung des Betrachters zur einen oder zur anderen Farbe tendiert.
Produkte aus Haspelseide sind verhältnismäßig teuer. Sie eignen sich daher nicht für den alltäglichen Gebrauch. Als Kleidungsstücke für festliche Gelegenheiten oder als Wohntextilien für dekorative Zwecke finden sie weiterhin überzeugte Verbraucher. Auch die Textilgalerie Vossberg möchte auf die Seidenkissenhüllen in ihrem Programm nicht verzichten. Der ehemalige Klassiker des Seidentaftvorhangs in verschiedenen Farben hat sich allerdings nicht in der aktuellen Kollektion halten können, da Seide sehr lichtempfindlich ist und selbst ein Baumwollfutter das Ausbleichen nicht hundertprozentig garantieren kann. Setzt man diesen Aspekt dann in Relation zu den stetig steigenden Seidenpreisen, kann die Firma nicht mehr ihrem Motto zu folgen und exklusive Produkte zu bezahlbaren Preisen anbieten. Vossberg bietet stattdessen Vorhänge aus dem Seidenimitat Faux Silk sowie Doupionseidenvorhänge an.
Doupionseide wird oft mit Wildseide verwechselt, da ihre Gewebe eine ähnliche, leicht noppige Struktur aufweisen. Auch im Handel kommt es hier immer wieder zu missverständlichen Bezeichnungen. Ursprünglich wurde diese Bezeichnung nur für Seidenstoffe verwendet, deren Haspelseide aus Doppelkokons sowie aus missgestalteten Kokons (Doppi) gewonnen wurde und dadurch Titerschwankungen aufwies.
Tussahseide und gewaschene Seide
Tussahseide und gewaschene Seide eignen sich besser für Kleidungsstücke des alltäglichen Gebrauchs, da sie nicht chemisch gereinigt werden müssen. Wildseide ist unempfindlicher gegenüber Laugen als Maulbeerseide, d. h. dass sie auch bei Schon- oder Handwäsche eine verhältnismäßig lange Lebensdauer hat. Gewaschene Seide (mill/sand washed), die aus Japanseide hergestellt wird, die wiederum in Kette und Schuss aus Haspelseide besteht, ist vorgewaschen. Sie bekommt dadurch einen Knittereffekt, der modisch so gewollt ist. Nachteilig ist, dass sie fleckartige Gewebeveränderungen zeigen kann und dass leicht Nähte auseinandergehen können, da der Stoff eine geringere Schiebefestigkeit aufweist.
Tussahseide lässt sich nicht so gut färben wie Maulbeerseide, daher wird sie oft im Naturton belassen. Sie hat Garnunregelmäßigkeiten durch unterschiedliche Dichte (Titerschwankungen). Sie geben dem Tussahgewebe seinen besonderen, modisch gewünschten Flammencharakter.
Versponnene Seiden
Bei der Produktion von Haspelseide fallen bis zu 80 % an Material ab, das für die Produktion geringer wertiger Seiden genutzt wird. Hierzu zählen Florett-, Schappe- und Bouretteseide. Sie werden aus dem wirren Kokonanfang (Strusen, Bourre) sowie aus dem innersten Teil, der nicht mehr abgehaspelt werden kann (Fricon) hergestellt. All diese Fasern haben einen hohen Anteil an Seidenleim und müssen versponnen werden. Ihr Preis liegt deutlich unter dem von Haspelseide.
Florett- oder Schappeseide werden aus langstapeligen Fasern von 20 bis 40 cm Länge gewonnen. Vor dem Verspinnen setzt man die Garne einem Fäulnisprozess aus, ähnlich wie bei der Flachs-Röste, um den Seidenleim zu entfernen.
Die kurzen Fasern, die beim Auskämmen der Florettseide anfallen, werden in einem Grobspinnverfahren zu mittelfeinen und groben Bourettegarnen versponnen. Bouretteseide hat keinen Glanz und ist deutlich fülliger als Schappeseide.
Seidenshoddy ist das günstigste Abfallprodukt in der Seidenherstellung. Er wird aus gerissenen Seidenstoffabfällen gewonnen.